Kombination von Ortungsverfahren für die Wasserlecksuche

Die Bedeutung von Trinkwasser als unverzichtbares Lebensmittel nimmt seit Jahren stetig zu und sowohl Wasserversorger als auch deren Kunden gehen immer sorgfältiger mit dieser nicht unerschöpflich vorhandenen Ressource um. Genau wie jeder Verbraucher sich immer wieder fragen sollte, ob er im täglichen Gebrauch noch mehr Wasser sparen kann, sind auch die Wasserversorgungsunternehmen (WVU) ständig bemüht, Einsparpotentiale zu erkennen. Deren Überlegungen betreffen vor allem das Wasserverteilungsnetz, in dem es aus unterschiedlichen Gründen immer wieder zu Leckagen kommt, durch die – im Zeitraum zwischen Entstehung und Beseitigung des Schadens – große Mengen Wasser verloren gehen können. Daher ist jedes WVU bestrebt, die Anzahl von Leckstellen zu minimieren und dafür Sorge zu tragen, dass erkannte Lecks unverzüglich beseitigt werden.

Im einfachsten Fall läuft die Leckbeseitigung noch heute wie schon seit Jahrzehnten ab: Unbeteiligte (Passanten) oder von Überschwemmung Betroffene melden dem WVU einen sichtbaren Wasseraustritt, das WVU lokalisiert den Schaden und lässt ihn anschließend beheben (reaktives Verfahren). Nun ist es zum einen leider so, dass Lecks an einer Wasserleitung nicht immer zu sichtbaren Spuren oder einem Wasseraustritt an der Oberfläche führen. Zum anderen trifft die nach wie vor verbreitete Meinung, dass Lecks immer an die Oberfläche kämen – oft sei es nur eine Frage der Zeit – mit gewissen Einschränkungen tatsächlich zu, denn in Abhängigkeit von Bodenart und Netzstruktur kann ein Großteil des austretenden Wassers irgendwann an der Oberfläche sichtbar werden. Allerdings bleibt dabei unberücksichtigt, dass das Alter von Leckagen einen erheblichen Einfluss auf die Gesamtmenge der Wasserverluste hat. Wenn also das Wasser sichtbar an der Oberfläche ankommt ist unklar, wie lange das Leck schon existiert. Reaktive, optische Verfahren können folglich nur einen Teilaspekt der Lecksuche im Wasserrohrnetz darstellen und sind als alleinige Methode niemals geeignet, Wasserverluste dauerhaft zu reduzieren.

Ein grundsätzlich anderer Lösungsansatz als die alleinige Reaktion auf sichtbare Rohrbrüche ist mittlerweile viel weiter verbreitet. Die Mehrzahl der Wasserversorger hat die Suche nach Wasserverlusten systematisiert und nutzt proaktive Verfahren zur frühzeitigen Erkennung von Verlusten im Rohrnetz. Das Arbeitsblatt W 392 des DVGW bildet die Grundlage aller Maßnahmen, die der Senkung von Wasserverlusten dienen. Das Kapitel 6 empfiehlt die Einführung einer Strategie zur Überwachung, Reduzierung und Niedrighaltung von Wasserverlusten und definiert drei entscheidende Schritte: Die Dichtheitsmessung, die Ermittlung der Wasserverluste durch Zuflussmessung und den Einsatz von Leckortungsverfahren.

Dichtheitsmessung und quantitative Bestimmung der Wasserverluste können in einem Arbeitsgang erfolgen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse lassen bereits auf kleine Leckstellen und geringe Verlustmengen schließen. Für eine möglichst genaue und zuverlässige Erkennung der Verluste ist die Einteilung des Rohrnetzes in Überwachungsbezirke unbedingt erforderlich. Diese Bezirke müssen sich vom verbleibenden Netz durch Schieber dicht abtrennen und über eine definierte, volumetrisch erfassbare Einspeisung versorgen lassen. Denkbar ist, solche Rohrnetzbezirke mit einem fest installierten Zähler auszustatten. Wenn dann alle Zu- und Abflüsse des Rohrnetzbezirks ermittelt werden, spricht das Arbeitsblatt W 392 von einer kontinuierlichen Zuflussmessung.

Die Übertragung und Auswertung der Messwerte sollte zeitnah erfolgen. Als stationäre Rohrnetzbezirke eignen sich Abschnitte von etwa 4 bis 30 km Netzlänge. Die Messzeit sollte in der Nacht liegen und 1 bis 2 Stunden betragen. Der während der Messzeiten ermittelte Nachtmindestverbrauch enthält immer auch eine gewisse Restverbrauchsmenge, die in definierten stationären Zonen als Referenzwert vorliegen muss. Nachtmindestverbrauchswerte ändern sich nicht signifikant, solange die Betriebsbedingungen des Netzabschnitts nicht geändert werden. Im Normalfall werden daher in jeder Nacht in etwa die gleichen Minimalwerte gemessen. Treten im Messgebiet Leckagen auf, steigen die nachts gemessenen Werte merklich an und bleiben dauerhaft erhöht. Weil bei der kontinuierlichen Zuflussmessung die reale Leckmenge direkt messbar ist, kann auf Veränderungen sofort reagiert werden. Die erforderlichen Maßnahmen zur Eingrenzung des Schadens können umgehend eingeleitet werden, wie zum Beispiel die Verkleinerung des Messgebiets durch Schließen von Schiebern.

Diese Art der kontinuierlichen Zuflussmessung ist mit erheblichem finanziellem Aufwand für die Installation und den Betrieb verbunden. Sie setzt außerdem detaillierte Kenntnisse des Rohrnetzes im Hinblick auf die vorhandene Hydraulik voraus, um Messpunkte sinnvoll auszuwählen. Dies gelingt in der Regel nur durch eine fundierte und verifizierte Rohrnetzberechnung.

Eine Alternative zur kontinuierlichen Zuflussmessung mit fest installierten Messpunkten besteht in der momentanen Zuflussmessung. Dafür wird das Netz in Abhängigkeit von den Wasserverlusten zyklisch geprüft. Die Rohrnetzbezirke sollten etwas kleiner sein als bei kontinuierlichen Messungen. Empfehlenswert sind Netzlängen zwischen 1 und 10 km, damit die zu erwartende Restverbrauchsmenge und eventuelle Dauerabnehmer, wie Industriebetriebe, die Messungen nicht übermäßig stark beeinflussen. Zur Prüfung wird der zu untersuchende Teil des Rohrnetzes vom verbleibenden dicht abgetrennt. Über zwei Hydranten, einen innerhalb und einen außerhalb des Messgebiets, wird der abgetrennte Rohrnetzbezirk durch eine Schlauchbrücke versorgt. In diese Schlauchverbindung wird eine mobile Messeinrichtung eingebunden (siehe Bild 1), die die Druck- und Durchflussmesswerte an einen PC überträgt. So lässt sich der Minimaldurchfluss ermitteln.

Die Restverbrauchsmenge muss möglichst genau abgeschätzt werden. Sind im gemessenen Rohrnetzbezirk nur wenige Verbraucher angeschlossen oder ist die Gleichzeitigkeit der Wasserentnahme sehr gering, wird in der Praxis häufig auch eine Nullverbrauchsmessung gelingen, in der kein Wasser in das untersuchte Gebiet fließt.

Wenn die Überprüfung eines Rohrnetzabschnitts auf Dichtheit ein Ergebnis geliefert hat, das die Existenz von Leckagen nachweist, sind weitere Schritte erforderlich, um das erkannte Leck genauer einzugrenzen und schließlich möglichst präzise zu lokalisieren. Eine bewährte Möglichkeit der Vorortung der Leckstelle in untersuchten Rohrnetzabschnitten ist der temporäre Einsatz von Geräuschloggern. Diese werden für ein oder zwei Messnächte in einen Hydranten im Netzabschnitt eingebaut; die leisesten Momente während der Messzeit werden registriert. Befindet sich der Logger in der Nähe eines Lecks, ist in der Nacht selbst im leisesten Moment die Lautstärke deutlich größer als Null. Durch systematisches Umsetzen der Logger im untersuchten Gebiet lassen sich die Hydranten, an denen laute Geräusche gemessen werden können, schnell und zuverlässig ermitteln. Bereits etwa 20 solcher Logger reichen aus, um nach wenigen Nächten die möglichen Leckstellen im untersuchten Gebiet auf einige hundert Metern genau einzukreisen.

Ist die Leckmenge im untersuchten Gebiet jedoch sehr groß und besteht die Gefahr, dass austretendes Wasser durch Unterspülungen in kürzester Zeit Schäden an Gebäuden oder Straßen oder anderen Bauwerken hervorruft, ist es erforderlich, schnellere Wege zur Vorortung der Schadensstelle zu beschreiten. Dann kommen mobile elektroakustische Verfahren zum Einsatz.

Bei diesem Verfahren geht ein Lecksucher das Netz mit einem Teststab systematisch ab. Dabei öffnet er alle Straßenkappen und bewertet die Geräusche an sämtlichen Armaturen, wie Schiebern, Ventilanbohrschellen oder Hydranten (siehe Bild 2). Sind deutliche Leckgeräusche an den Armaturen hörbar, werden diese Stellen markiert. Die Vorortung ist damit abgeschlossen. Da die Aussagekraft aller elektroakustischen Verfahren sehr stark von den Umgebungsgeräuschen und der Erfahrung des Anwenders abhängen, finden derartige Prüfungen oft in den Nachtstunden statt. In diesen Zeiten ist es am ruhigsten und störender Verkehr oder Verbrauch im Netz sind minimal. Der große Vorteil dieser Art der Vorortung besteht darin, dass sie in allen Netzstrukturen einsetzbar ist.
Abhängig von der Art der Rohrleitung, deren Material und Durchmesser kann ein gehörtes Geräusch vollkommen einzigartig sein. Kaum ein Leck klingt wie ein anderes. Aber in jedem Fall ist ein Leck durch ein deutliches Geräusch gekennzeichnet, das nicht mit normalen Fließgeräuschen im Wasserrohrnetz zu verwechseln ist.

Eine punktgenaue Bestimmung des Lecks, wie es zur Aufgrabung einer Schadensstelle erforderlich ist, lässt sich durch alleiniges Prüfen der Armaturen nicht leisten. Dafür kommt dann – seit vielen Jahren erfolgreich – das Verfahren der Korrelation zur Anwendung. Bei diesem Lokalisationsverfahren werden an zwei Messstellen (Armaturen im Rohrnetz) Mikrofone installiert. Über Funk gelangen die Signale der Mikrofone zu einem Empfänger und werden dort rechnerisch ausgewertet (siehe Bild 3). Als Ergebnis zeigt der Korrelator die Position des Lecks als Abstand von einer der beiden Messpunkte an. Korrelationsverfahren sind weitgehend unabhängig vom Erfahrungsschatz des Anwenders und über die Genauigkeit der Messung entscheiden objektive Faktoren; die Rohrleitungslänge zwischen den beiden als Messpunkte genutzten Armaturen sowie Material und Durchmesser der Korrelationsstrecke.

Besonders auf Kunststoffleitungen ist die Lokalisation eines Lecks oft recht schwierig, da sich das Leckgeräusch nicht so weit ausbreitet wie dies auf metallischen Rohren der Fall ist. Oft ist es daher in nichtmetallischen Rohrnetzen nur schwer möglich ein Leck zu korrelieren, zudem wenn der Abstand zwischen benachbarten Armaturen sehr groß ist. Die Leckgeräusche erreichen die Kontaktstellen dann möglicherweise gar nicht erst. Um dennoch erfolgreich korrelieren zu können, kommt eine andere Art von Mikrofonen zum Einsatz: Hydrofone. Diese werden direkt in die Wassersäule eingebracht. Da die Schallausbreitung im Wasser wesentlich besser ist als über den Körperschall einer Rohrleitung, kann mittels Hydrofonen auch über lange Messstrecken erfolgreich korreliert werden.
Im praktischen Einsatz hängt die Genauigkeit der Leckortung von der Qualität der verfügbaren Leitungsdaten ab. Nach einer erfolgreichen Korrelation hat es sich bewährt, das errechnete Ergebnis und die so gefundene Leckstelle durch ein elektroakustisches Verfahren zu bestätigen.

Dazu wird ein Empfänger mit einem Bodenmikrofon verbunden, welches für die Oberfläche an der zu prüfenden Stelle geeignet sein sollte. Dann wird direkt über der geprüften Leitung, und zwar an der korrelierten Position, mit der Prüfung begonnen. Die durch den Boden an die Oberfläche gelangenden Geräusche werden vom Lecksucher analysiert. Ein Geräusch ist in der Regel unmittelbar über der Leckage am lautesten. Wenn Umweltgeräusche, wie Regen, Wind oder auch Störungen durch Verkehr an der Leckstelle, die Ortung erschweren oder wenn das Leckgeräusch nicht eindeutig hörbar ist, bieten Filtereinstellungen am Empfänger sinnvolle Hilfe zur verbesserten Wahrnehmung des Geräuschs.

Nach Abschluss aller Schritte zur Lokalisation und der akustischen Bestätigung des Ergebnisses wird die Position des Lecks auf der Bodenoberfläche markiert und eine Dokumentation angefertigt. Danach kann die Beseitigung des Schadens eingeleitet werden.

Alle bisher genannten Verfahren zur Vorortung und Lokalisation eines Wasserlecks – Einsatz von Geräuschloggern, Vorortung mit dem Teststab, Lokalisation mit dem Korrelator und auch die elektroakustische Bestätigung des Lecks mit dem Bodenmikrofon – sind von der Entstehung eines Geräuschs beim Austritt des Wassers aus der Schadensstelle abhängig.

Die bei der Überprüfung des Rohrnetzabschnitts quantitativ ermittelte Leckmenge muss aber nicht unbedingt aus einem Leck stammen, das so groß ist, ein hörbares Geräusch zu erzeugen. Stattdessen kann es sich auch um mehrere kleine Lecks handeln, die, jedes für sich, keine mess- oder hörbaren Geräusche generieren.

Die bislang genannten Leckortungsverfahren können auch anderweitig an ihre Grenzen stoßen. Fehlen Kontaktpunkte (Schieber, Hydranten etc.) oder haben diese einen ungeeigneten Abstand, wird der Einsatz von Verfahren auf akustischer Basis erschwert. Ein typischer Fall in der Ortungspraxis ist die Untersuchung von großen, langen Transportleitungen. Solche Teilstrecken des Rohrnetzes können sehr gut durch eine momentane Zuflussmessung auf Dichtheit geprüft werden, aber eine auf Leckgeräuschen basierende Vorortung und Lokalisation des Schadens ist oft nicht erfolgreich. Dafür bietet sich stattdessen die Gasprüfmethode an.

Bei der Gasprüfmethode wird ein leicht flüchtiges, geruchloses, geschmackloses und nicht brennbares Gas in die zu untersuchende Leitung eingespeist. Bewährt haben sich für diesen Zweck Wasserstoffgemische mit Stickstoff. Auch Helium kommt in der Praxis zum Einsatz, allerdings nur sehr selten im Bereich der Trinkwasserversorgung. Wasserstoff in Stickstoff hat gegenüber Helium den Vorteil, dass Wasserstoff an der Erdoberfläche bereits in Spuren von wenigen ppm gut detektierbar ist. Die Gemische sind bekannt unter den Bezeichnungen Tracergas bzw. Formiergas. Es handelt sich um technische Gase, die leicht zu beschaffen sind und in den meisten Fällen 5 % Wasserstoff in Stickstoff enthalten. Auch Mischungen mit 10 % Wasserstoff werden verwendet, jedoch seltener.

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Tracergas zur Leckortung in Wasserleitungen zu nutzen. Zum einen kann das Gas während des Betriebs der Leitung beigemengt werden. Da die Löslichkeit von Wasserstoff und auch Stickstoff in Wasser sehr stark begrenzt ist, fließt das Gas in Form von Blasen unterhalb des Rohrscheitels entlang, sofern keine starken Turbulenzen im Rohr auftreten, die für eine ständige Durchmischung sorgen. Blasen undefinierter Größe in der Leitung haben jedoch verschiedene Nachteile. Einer davon ist, dass sensible Armaturen im Netz, wie zum Beispiel automatische Entlüfter an einer Transportleitung, ständig das Gas ablassen, was bei der Detektion an der Erdoberfläche zu einer Leckanzeige führt. Ein anderer ist, dass die Blasen beim Verbraucher an den Zapfstellen zusammen mit dem Wasser austreten. Das kann unter Umständen zu Beschädigungen an Haushaltsgeräten führen. Der größte Nachteil der unvollständigen Lösung des Gases in Wasser und der deshalb entstehenden Blasen unter dem Rohrscheitel ist aber sicherlich die Tatsache, dass keine Lecks nachweisbar sind, die an der Rohrsohle liegen, weil aus denen dann kein wasserstoffhaltiges Wasser austritt.

In der Praxis sollten die betreffenden Wasserleitungen daher außer Betrieb genommen und anschließend entleert werden. Das eingeführte Gas kann dann das gesamte Leitungsvolumen einnehmen. Damit ist sichergestellt, dass das Gas an allen möglichen Leckagen auf dem vollen Umfang der Leitung in den Boden entweichen kann. Der sehr leichte Wasserstoff diffundiert dann sehr schnell an die Oberfläche und kann dort mit einem hochempfindlichen Gasspürgerät nachgewiesen werden (siehe Bild 4).

Das DVGW-Arbeitsblatt W 392 empfiehlt, dass Inspektionen auf Dichtheit in Abhängigkeit von der Höhe der Wasserverluste im Rohrnetz erfolgen sollten. Vorgeschlagen werden jährliche Inspektionen bei hohen Verlusten, Inspektionen alle drei Jahre bei mittleren Wasserverlusten und spätestens alle sechs Jahre bei geringen Wasserverlusten. Die für die Inspektionen erforderliche Einteilung des Rohrnetzes in Überwachungsbezirke, die quantitative Ermittlung der Leckmenge im Rohrnetz sowie Auswahl und Kombination der unterschiedlichen Verfahren bis zur aufgrabungsreifen Lokalisation eines Lecks sind die entscheidenden Bausteine jeder möglichen Strategie. Welches Verfahren in welcher Kombination zum Einsatz kommt, hängt ebenso von den Gegebenheiten der Netze wie von der verfügbaren Messtechnik ab. Ein einzelnes Verfahren oder eine Methode allein führen jedoch nicht zum Erfolg. Erst die Kombination von Ortungsverfahren für die Wasserlecksuche ist ein Garant für die Reduzierung und Niedrighaltung von Wasserverlusten in Rohrnetzen.

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